Gratuliere Breivik!

Gratuliere Breivik, es ist voll aufgegangen.
Du hast 77 Menschen kaltblütig ermordet und 25o verletzt. Du bist weltberühmt. Die Opfer sind in der öffentlichen Wahrnehmung vergessen, der Täter ist zum Helden geworden.
Statt wie früher, als einsamer Hund in einem abgedunkelten Raum mit Computer, lebst du nun auf Staatskosten wie ein kranker Fürst in drei Zimmern, inkl Fitnessraum, mit 30 Bediensteten(!) und erledigst Fanpost.
Das ist unfassbar!
Zudem hast du der rechtsextremen Szene international Auftrieb gegeben und sie zweifellos auch radikalisiert. Die Demokratie hat dir das ermöglicht.
Was willst du mehr, Breivik?

Fiel es den Boulevard-Medien nicht auffallend leicht, die Opfer zu vergessen? Es waren ja bloss Linke, minderwertiges Erbgut. Wieviele Millionen denken heimlich so?

Ja, auch ich gebe dir Recht. Du erhältst Platz in meinem Blog!
Sogar in meinem neusten Epos «Das Buch zum Sinn des Lebens», das nicht dem Schaden gewidmet ist, sondern dem Nutzen, bist du namentlich erwähnt; als Beispiel für das demokratische Dogma „Survival of everybody!“, wenn ich dort, unter vielem anderem, das Rätsel auflöse, wie es möglich wurde, dass dieses das elementare Naturprinzip «Survival of th fittest» ersetzen und – wie im Prozess sowie den Massnahmen gegen dich so eindrücklich demonstriert (und gelobt!) – zum höchsten Gut erklärt werden konnte.

„Die Demokratie ist die Staatsform der Schwächlinge,“ so steht es mehrfach bei mir. Mittlerweile weiss ich mehr darüber (siehe Buch).
Hier nur soviel: Der so genannte „respektvolle Umgang“ mit einem Monster wie dir erlaubt es allen, die sich selber offen oder heimlich Scheisse finden, am Leben zu bleiben.
Und du bist zusätzlich der Held derjenigen, die sich danach sehnen, ihren Selbsthass endlich auf die andern zu werfen! Falls nun die Selbstmordrate sinkt, hat das wenigstens etwas Gutes.
Und die andern Konsequenzen? Wen kümmerts!

Dass es so läuft und dass es so schief läuft, ist für mich keine moralische Frage, sondern eine Frage des Verstehens und schliesslich des Mitgefühls.

Breivik, ich gönne es dir natürlich, dass du mit deiner Tat eine internationale Grösse geworden bist. Andere grandiose Schwächlinge, wie Assad, haben das ja auf ähnliche Weise geschafft.
Derweil Werke, die von tatsächlichem Nutzen für die Menschheit sind, exklusiv dem Wohl von Insidern dienen. Wen interessiert schon die Wahrheit über sich selbst? Um dieser auszuweichen haben wir ja DICH!

Ja, ja, ich weiss, das Ganze ist nicht mein Problem (obwohl sich in meine Unbeschwertheit doch ein bisschen Schmerzt mischt; immerhin liebe ich ja meine Gattung). So, wie es ist, ist es viel angenehmer. Ich kann ungehindert den Nutzen auskosten und brauche nicht mit der Matrix zu ringen. Nun, wo du im Gefängnis sitzt, fällt das für dich ja auch dahin, bist du gut geschützt.

Du kannst meinen Brief also getrost zur Fanpost legen. Ich werde dir nichts tun können. Obwohl ich mir wünschte, dass dir wenigstens eine minime Ahnung davon vermittelt worden wäre, was du, als ebenso grandioser wie grausamer Held, andern angetan hast. Und dass es danach wenigsten deinen einen Kopf gekostet hätte; dass du zumindest für den Rest deines Lebens in einem dunklen, feuchten Loch bei Wasser und Brot darben müsstest.

Geniesse also dein privilegiertes Leben!
Ich geniesse das privilegierte meine. So gut ichs eben kann.