Was kommt nach der Demokratie?
Im Artikel «Stirb» – leider wird es vorläufig nicht soweit kommen – habe ich in bälde einen Artikel zur Demokratienachfolge versprochen.
Et voilà:
Wenn ich schon dabei bin:
Die Demokratie basiert auf dem Prinzip, dass jeder – und neuerdings auch jede – eine Stimme hat.
Demokratien funktionieren nun de fakto so, dass sich «null lebenskompetent» mit «ein bisschen lebenskompetent» und «einigermassen lebenskompetent» über Sachfragen – mithin über unser Gesamtwohl – streiten, als ob all diese Stimmen gleichwertig wären.
Entsprechend hängt es
- von vielen Zufällen
- vom manipulativen Geschick der Protagonisten
- von der Verteilung der Lebenskompetenz innerhalb der Gesellschaft ab,
wer jeweils die Entscheidungen über unser aller Wohlergehen trifft: eher die «null Lebenskompetenten», die «ein bisschen Lebenskompetenten» oder die «einigermassen Lebenskompetenten»?
Fazit: Schöne Bescherung!
Ach ja, die Wirtschaft gehört ja auch irgendwie dazu:
Die liberale, kapitalistische Markt-Wirtschaft – oder wie auch immer sie heissen will – funktioniert bekanntlich nicht demokratisch. Ein sehr interessantes Phänomen. Besonders interessant, angesichts unserer sonst so radikalen Verteidigung der Demokratie!
Grund: Sie ist zu clever und zu Erfolgs orientiert, um Demokratie zuzulassen.
Kontrapunkt: Bei der zähen Verteidigung der untauglichen Prämissen der kapitalistischen Wirtschaft spielt Lebenskompetenz null Rolle.
Fazit: Unschöne Bescherung!
Anmerkung grundsätzlicher Natur: Es gab in jüngerer Zeit übrigens gar nie eine andere Wirtschaft, als die kapitalistische. Die so genannte sozialistische Wirtschaft existierte gar nie. Was sich dort abspielte, war lediglich ein Gewaltakt, der alsbald in eine Groteske mündete, basierend auf den bewährten mittelalterlichen Prinzipien: Pfründe und Privilegien.
Und: Auch die aktuelle kapitalistische Wirtschaft ist gar nicht so weit von der antiken bis mittelalterlichen, monarchieorientierten Pfründenwirtschaft entfernt, wie uns die Ummantelung mit der Demokratie glauben machen soll.
Späte Reminiszenz an Plato
Schauen wir also nach vorn!
Die Vision eines politischen Systems, das funktioniert, im Sinne, dass es die betroffenen Menschen und darüber hinaus solidarisch die menschliche Gattung tatsächlich vorwärts bringt – was heisst, in Richtung uneingeschränktes Wohlergehen führt – beginnt mit folgender Massnahme:
- Die Demokratie wird in einen Debattierklub verlegt, wo sich die obigen Parteien, wie bis anhin üblich, Tag und Nacht kaputt streiten können, ohne etwas zu sagen zu haben.
- Über das menschliche Geschick bestimmen Gremien, deren Mitglieder sich in erster Linie über ihre tatsächliche Lebenskompetenz ausweisen müssen (bestmögliches Handeln iS des Gemeinwohls ist da automatisch inbegriffen).
Übrigens, ein Entwicklungsgesetz: Je lauter ein System, in unserm Fall also die Demokratie, beschworen wird, desto mehr wirkt das Geschrei als Abgesang. Fürchten die strammen, so demokratisch gestimmten Demokraten bereits um ihre Pfründe?
Übrigens2: Andererseits darf uns die alte Vetterliwirtschaft in der Politik nicht wundern. Das System ist in sich logisch. Politiker werden, gemessen an ihrer Macht und ihrem Leistungsumfang, sagenhaft schlecht bezahlt, die KommunalpolitikerInnen sogar fast gar nicht. Also ist Politik nur attraktiv für Menschen, die a: soviel Macht wie möglich akkumulieren möchten, um die schmerzlichen Persönlichkeitsdefizite wenigstens zum Schein zu kompensieren, b: an Pfründen soviel herausholen, wie nur möglich (was die Politik wiederum zum perfekten Vasallen der genuin undemokratischen Wirtschaft macht).
Würden PolitikerInnen gut bezahlt, kämen 1. fähigere Leute dorthin, 2. würde der Anteil jener, die einfach einen guten Job machen, von Promillen zu Prozenten steigen. Das aber würde das ganze System durcheinanderbringen. Die «Demokratie», wie wir sie sattsam kennen – und als solche definieren –, würde nicht mehr funktionieren. Daher mein Plädoyer: Bezahlen wir endlich die PolitikerInnen anständig! Damit wäre dann die Dämmerung definitiv eingeläutet.
Ach ja, die Wirtschaft:
Eine Wirtschaft, die funktioniert, in dem Sinn, dass sie das Grundparadigma umgedreht hat und neu nicht mehr die Menschen dazu verdammt, der Wirtschaft zu dienen (ein Prinzip, das von der Antike übernommen wurde und seither in jeder Wirtschaft stets das bestimmende Credo war!), sondern sich zum obersten Prinzip bekennt, den Menschen zu dienen, beginnt damit, dass auch hier die Lebenskompetenz das mit Abstand wichtigste Grundkriterium für die Aufnahme in verantwortliche Positionen ist. Ein jedes Gremium wird, neben Fachkompetenz, so zusammengesetzt, dass es als ganzes umfassende Lebenskompetenz abdeckt.
Das wäre schon einmal ein Anfang!
… der ziemlich weit führt
[…] demnächst: «Was kommt nach der Demokratie?» Comments […]
2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Stirb! am 17. März 2011 um 22:43 Uhr[…] Dazu siehe auch. […]
2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Armer Brady! am 12. Mai 2011 um 21:04 Uhr[…] setze ich die Reihe über Demokratie fort. Siehe auch am Schluss des […]
2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Demokratie existiert nicht am 19. Juli 2011 um 17:09 Uhr